Coaching und Mindfulness
Megatrend Mindfulness – Achtsamkeit in aller Munde
Mehr und mehr Organisationen setzen auf Achtsamkeit im Bereich der Personal- und Führungskräfteentwicklung und sind bereit zertifizierte Coaches zu diesem Zweck zu engagieren. Auch die Wissenschaft beschäftigt sich zunehmend mit diesem Trend. Zwar sind Forscher weltweit erst seit relativ kurzer Zeit an Achtsamkeit interessiert, aber es gibt mittlerweile bereits mehr als dreitausend wissenschaftliche Publikationen, viele davon wurden von renommierten Universitäten, wie Harvard, Stanford oder dem MIT, veröffentlicht.
Jon Kabat-Zinn (MIT/UMass Medical Scholl), Vorreiter und Leitfigur der Achtsamkeitsbewegung, definiert Mindfulness als „eine bestimmte Form der Aufmerksamkeit: bewusst im gegenwärtigen Augenblick und nicht urteilend.“ (1). Die Verbände für Achtsamkeit und Mindfulness in Deutschland, Österreich und der Schweiz heben den (2) Wechsel vom „Tun“ zum „Sein“ hervor. Die gute Nachricht: Achtsamkeit kann man lernen und trainieren durch Meditation, mentale Übungen, sowie Wahrnehmungs- und Konzentrationsübungen. Hier kommen schließlich zertifizierte Coaches, Coaching Ausbildungen, Coachinglehrgänge, aber auch die persönliche Praxis ins Spiel.
Vorgelebte Achtsamkeit
„Es ist meine verdammte ethische Pflicht als Coach, dass ich es mir so richtig saumäßig gut gehen lasse.“ So Gunther Schmidt (Milton Erickson Institut Heidelberg, 3). Von aufmerksamen und präsenten Coachs können Kunden schlichtweg mehr profitieren. Diese bekräftigt auch die International Coach Federation (ICF) und führt „Persönliche Präsenz“ als eine Grundkompetenz für zertifizierte Coachs an (4). Die ICF definiert „Persönliche Präsenz“ als „Zugang zur eigenen Intuition und das Vertrauen auf das eigene innere Wissen“, „die Fähigkeit, sich darauf einlassen, dass (der oder die Coach) nichts weiß“ oder „Selbstvertrauen im Umgang mit starken Emotionen“.
Dan Siegel (Harvard/UCLA) konnte schließlich neurophysiologisch nachweisen, dass verbesserte Selbstwahrnehmung gleichzeitig auch zu mehr Empathiefähigkeit führt (5). Empathie ist unabdingbar, damit eine fruchtbare Beziehung zu den Coachees entstehen kann und Interventionen erfolgreich umgesetzt werden können.
Nachgelebte Achtsamkeit
Unser Verhalten, unsere Gefühlslage und unsere Bewusstseinszustände sind nicht auf unser eigenes (Er-)Leben beschränkt, sie wirken sich auch auf unser Gegenüber aus. Wir alle haben schon erlebt, wie ansteckend herzhaftes Lachen sein kann, oder dass man plötzlich selbst gähnen muss, wenn man jemanden gähnen sieht. Unsere Verfassung und Einstellung als zertifizierter Coach hat somit direkte Auswirkungen auf die Coachees. Stephen Gilligan (Stanford) stellte daher den Leitspruch auf: „Wohin auch immer wir wollen, dass unser Coachee geht, wir gehen voran.“ (6) Ich als zertifizierter Coach sollte also mit gutem Beispiel vorangehen: wenn ich achtsam, entspannt und in meiner Mitte angekommen bin, ist es für meine Coachees leichter, mir auf diesem Weg zu folgen. Ich selbst muss meinen Herausforderungen mit Achtsamkeit begegnen können – anstatt mich in Verdrängung und kontraproduktive Verhaltensweisen zu flüchten – und so meine Coachees anleiten, es mir gleich zu tun.
Ebenso wichtig sind explizite Interventionen, wie Atemübungen und Übungen zur Körperwahrnehmung, zur Selbstregulierung oder zur Empathie. Diese können eine Coaching-Einheit ungemein bereichern. Dabei kann man sich beispielsweise an Chade-Meng Tan (SIYLI) orientieren, er listet zahlreiche praktische Übungen auf, die bei Google im Führungskräftetraining eingesetzt werden (7). Viele davon können wir auch fürs Coaching, für einen Coachinglehrgang oder auch in einer Coaching Ausbildung empfehlen.
(1) Kabat-Zinn, J. (2006). Zur Besinnung kommen. Arbor.
(2) www.öbam.at
(3) www.coachfederation.de
(4) Schmidt, G. (2013). Von Stress und Burnout zur optimalen Lebensbalance. DVD auditorium netzwerk.
(5) Siegel, D. (2014). Handbuch der Interpersonellen Neurobiologie. Arbor.
(6) Gilligan, S. & Dilts, R. (2013). The Hero’s Journey. Crown House.
(7) Tan, C-M (2012). Search Inside Yourself. Harper One.