Mein nächster bester Schritt
Jeder von uns kennt es: übervolle Terminkalender, vom eben abgeschlossenen Meeting auf dem Sprung ins nächste Meeting, das Handy klingelt, eine dringende Angelegenheit ist unmittelbar zu erledigen, ein Feedback-Gespräch mit einer Kollegin oder einem Kollegen, mit einem Mitarbeitenden steht an, etc. In dieser viel zitierten VUCA-Welt (volatil, unsicher, komplex und ambigous/mehrdeutig) bieten agile Ansätze in all ihrem Facettenreichtum Orientierungshilfen. „Mein nächster bester Schritt“ nutzt hiervon insbesondere folgende ausgewählte Aspekte:
- Orientierung an Fertigstellungszeitpunkten („Was schließe ich als nächstes ab?“, statt „womit starte ich?“),
- Sichtbarmachen von Abhängigkeiten,
- Priorisierung nach Nutzen und Risiko,
- Visualisierung sorgt für Transparenz und ist somit Basis für Besprechbarkeit.
Zeitaufwand
rund 1,5 Stunden
Material und räumliche Rahmenbedingungen
Moderationskarten und Post-its in unterschiedlichen Farben, Flipchart-Stifte, Krepp-Band.
Pinnwand mit Pins, Whiteboard mit Magneten oder freie Fläche am Boden zum Auflegen der Kärtchen.
Indikation
Die Coachees berichten über neue Aufgaben, Projekte, Rollen oder eine neue Lebenssituation, die Denkschleifen und Chaos im Kopf verursachen. Sie haben den Wunsch, sich einen Überblick zu verschaffen, Aufgaben zu sortieren und zu priorisieren. Häufige Aussagen hierzu sind beispielsweise: „Ich weiß nicht wo ich anfangen soll! Wie kann ich das alles bewältigen? Ich komme mit wichtigen Themen nicht weiter, weil es an XY fehlt und Grundsatzfragen nicht geklärt sind. Ich habe keine Zeit, um mich um XY zu kümmern.“
Prozessziel
Alle aktuell relevanten Themen sind identifiziert und unter Berücksichtigung ihrer Abhängigkeiten sowie der jeweiligen Fertigstellungstermine priorisiert. Vorfragen, innere und äußere Blockaden sowie deren Auswirkungen sind erkannt, der erstbeste Schritt zur Lösung definiert und eingeplant. Die Coachees sind in der Lage, mit der entstandenen Übersicht auch im beruflichen Alltag selbstständig weiterzuarbeiten.
Ablauf
- Schritt: Ausspeichern
Wir ermutigen die Coachees, alle Themen/Aufgaben, die sie beschäftigen, auf einzelne Kärtchen zu schreiben.
- Schritt: Abhängigkeiten sichtbar machen
Wir hinterfragen, ob die Erledigung eines Kärtchens von einem anderen Ereignis abhängig ist. Das kann entweder zu einem neuen Kärtchen führen, sofern die Coachees dessen Erledigung veranlassen können. Andernfalls markiert die Abhängigkeit einen frühestmöglichen Erledigungszeitpunkt für das darauffolgende Kärtchen. Die Kärtchen werden auf dieser Basis gereiht (am Boden aufgelegt oder aufgepinnt).
- Schritt: Erledigungstermine festlegen
Wann soll welche Aufgabe/ welches Kärtchen fertig werden? Welche Kärtchen haben fixe Termine? Die Zeitleiste wird über die Aufgabenkärtchen gelegt/gepinnt. Der Übersichtlichkeit halber empfiehlt es sich, eine andere Kärtchenfarbe zu verwenden. Je weiter weg ein Datum liegt, desto größer können die Zeiträume werden. Beispielsweise von heute weg eine oder zwei Wochen, dann je ein Monat, ein Quartal, etc.
- Schritt: Vorfragen und Blockaden identifizieren
Wir leiten die Coachees an, innezuhalten, die entstandene Übersicht aus allen Perspektiven zu betrachten, in sich hinein zu spüren (vgl. hierzu auch Anleitung Body Scan). Folgende Fragestellungen können hilfreich sein: „Welche Körperempfindungen, Bilder, Methapern, Gefühle oder auch Gedanken tauchen auf? Wie fühlt es sich an, wenn ich die Übersicht betrachte? Was brauche ich, um morgen losstarten zu können?“ Hieraus können sich folgende zwei Aspekte ergeben:
- Was darf ich mit mir selbst ausmachen? Wie kann ich jetzt gut damit umgehen, dem Thema einen guten Platz geben, damit ich morgen losstarten kann? Je nach Thema gegebenenfalls im Coaching-Prozess weiter aufzugreifen.
- Was darf ich mit anderen ausmachen? Das führt zu einem neuen Kärtchen, welches in die Zeitleiste eingereiht wird.
- Schritt: Die zwei bis drei konkreten nächsten Schritte herausfiltern
Der Fokus richtet sich nun auf die Kärtchen, die von heute weg im ersten geplanten Zeitraum liegen (beispielsweise nächste Woche, die nächsten zwei Wochen, das kommende Monat). Es werden nun die in diesem Zeitraum befindlichen Kärtchen betrachtet. Für die Priorisierung helfen folgende Fragestellungen:
- Was soll wann fertig werden?
- Wie hoch ist der jeweilige Nutzen für die Stakeholder?
- Wie hoch ist der damit verbundene Aufwand? Um zu plausibilisieren, ob sich diese Aufgaben auch in der jeweiligen Zeitperiode ausgehen.
Abschließend ermutigen wir die Coachees, neue Aufgaben, die im Arbeitsalltag auftauchen, selbstständig in die Übersicht zu integrieren und zu priorisieren. Die Auswirkungen auf die anderen bereits geplanten Aufgaben werden dadurch auf einen Blick sichtbar. Ein Beispiel kann gemeinsam durchgespielt werden. Die Übersicht kann und soll jederzeit durch die Coachees auf ihre Bedürfnisse angepasst werden.
Schlüsselsequenzen und Hinweise
Bewusster Perspektivenwechsel: Die Kärtchen erst am Boden auflegen und dann pinnen.
Arbeit mit Führungskräften: Gegebenenfalls kann die Kategorisierung der Kärtchen in „Change“ (strategische Themen, Gestaltung von Veränderung) und „Run“ (Tagesgeschäft inkl. wiederkehrender Tätigkeiten/Termine) hilfreich sein.
Durch dieses Vorgehen werden Engpässe in der Abarbeitungskette sichtbar und damit besprechbar, beispielsweise in einem Zeitraum oder in einem Thema (wie Tagesgeschäft). Fragen der Selbststeuerung können aufgegriffen werden: „Wieviel Zeit investiere ich in welche Themen und wann mache ich bewusst einen Stopp, um auch die anderen Themen bearbeiten zu können?“