Arbeit mit dem „leeren Stuhl“
Bei dieser Methode findet ein sogenannter „leerer“, also unbesetzter Stuhl Verwendung. Der leere Stuhl dient dabei als Platzhalter für Personen, Persönlichkeitsanteile oder Gefühle der Coachees, die im Zusammenhang mit einem bestimmten Thema wichtig sind.
Die Arbeit mit dem leeren Stuhl ist damit nahezu universell einsetzbar.
Die Coachees werden aufgefordert, sich vorzustellen, dass die abwesende Person, das Gefühl oder eine bestimmte Seite der eigenen Person auf dem leeren Stuhl sitzt, um dann mit ihr einen Dialog zu führen. Dabei werden die Coachees gebeten, in einen laut ausgesprochenen Dialog einzutreten, wie dieser zwischen widersprüchlichen Seiten ihres Selbst ohnehin schon in Gedanken stattfindet.
Wofür setze ich die Arbeit mit dem leeren Stuhl ein?
Mit dem Wechsel von Rede und Gegenrede können die Coachees die eigene Situation und Position verdeutlichen. Manchmal handelt es sich um einen äußeren oder inneren Konflikt, der damit gut bearbeitet werden kann.
Durch die Identifikation und klare Beschreibung der verschiedenen Seiten einer Sache wird das flexible Denken und Wahrnehmen der Coachees geschult. Es kommt zu einer Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten und Sichtweisen aufgrund des Perspektivenwechsels.
Mögliche Schritte bei der Arbeit mit dem leeren Stuhl
„Stellen Sie sich vor, die andere Seite, die Sie gerade beschrieben haben, sitzt Ihnen gegenüber.“
Die Coach stellt der Coachee einen Sessel in der Entfernung gegenüber, wie es die Coachee wünscht.
„Was sagen Sie zu dieser Seite?“
Die Coachee beginnt z.B. mit einer Anklage: „Immer, wenn ich mir etwas vorgenommen habe, machst du alles zunichte.“
Die Coachee wechselt auf den leeren Stuhl und antwortet sich selbst z.B.: „Du nimmst ja keine Rücksicht auf mich. Ich schaffe eben nicht alles, was du willst. Du übernimmst dich, versprichst zu viel und dann wirst du krank.“
Die Coachee wechselt wieder (nach dem Hinweis von der Coach): „Du musst halt funktionieren und nicht immer jammern!“
Dazwischen fragt die Coach immer wieder: „Wie fühlen Sie sich auf diesem Stuhl?“
So kann dieses Gespräch ca. 10–15 Min. geführt werden, bis durch die Identifikation mit der anderen Seite neue Ideen entstehen.
Die Frage der Coach zum Abschluss dieses Gesprächs lautet: „Wie verbleiben Sie jetzt mit der anderen Seite in Ihnen?“ oder „Wie verbleiben Sie beide miteinander?“
Falls das Gespräch nicht zu neuen Gesichtspunkten oder Lösungen führt, kann die Coach eine dritte Perspektive einführen: „Stellen Sie sich vor, Sie schauen diesen beiden Gesprächspartnerinnen oder Gesprächspartnern von außen zu: Was würden Sie den beiden gerne sagen? Oder was schlagen Sie den beiden vor?“
Dabei bittet die Coach die Coachee aufzustehen und sich neben beide Sessel zu stellen, sodass sie zu beiden Stühlen in gleichem Abstand steht.
Nach dem Gespräch mit diesen wechselnden Rollen wird reflektiert: Wie fühlte sich die Coachee auf den jeweiligen Stühlen? Wie hat sie das Gespräch erlebt? Welche Phasen gab es? Welche Gedanken oder Ideen sind aufgetaucht? Wie ist für sie das Ergebnis? Was nimmt sie sich mit aus diesem Gespräch?
Wichtige Aspekte beim Einsatz
Die erste entscheidende Sequenz ist eine gelingende Identifikation mit der anderen oft abgelehnten Seite in sich selbst oder an anderen. Dabei können wir vorsichtig nachfragen, was die Identifikation so schwierig bis unmöglich macht und vielleicht auf von den Coachees verdrängte Anteile stoßen.
Ein „Umweg“ über die Reflexion der „Schattenanteile“ in sich kann dazu sinnvoll sein.
Eine andere Schlüsselsequenz ist die offene und ehrliche Auseinandersetzung mit dieser anderen Seite. Dabei können wir durch den Hinweis, wann ein Wechsel der „Stühle“ zu erfolgen hat, verhindern, dass zu lange auf einer Seite „um den heißen Brei herumgeredet“ wird.
Die letzte Schlüsselsequenz ist die (selbst-)kritische Reflexion, sei es aus der Außenperspektive (wenn sich die Coachees ev. neben die Stühle stellen) oder/und aus der nachfolgenden gemeinsamen Reflexion mit uns.