Coaching im deutschsprachigen Raum: Von den Anfängen in den 80er Jahren bis in die Gegenwart
Coaching hat sich im deutschsprachigen Raum seit den 1980er Jahren zu einem zentralen Bestandteil der Persönlichkeitsentwicklung und beruflichen Weiterentwicklung entwickelt. Was damals als Nischenphänomen begann, ist heute zu einer etablierten Disziplin geworden, die weit über Unternehmensberatung und Personalentwicklung hinausgeht. In den letzten vier Jahrzehnten haben bedeutende Pioniere, Methoden und Institute entscheidend zur Entwicklung und Verbreitung des Coachings beigetragen. Namen wie Werner Vogelauer, Bernd Schmid, Gunther Schmidt, Maja Storch und das Syst-Institut stehen für herausragende Beiträge zur Coaching-Professionalisierung im deutschsprachigen Raum.
Die Anfänge des Coachings: 1980er Jahre
Die 1980er Jahre gelten als die Geburtsstunde des modernen Coachings im deutschsprachigen Raum. Damals waren Begriffe wie „Coach“ und „Coaching“ noch weitgehend unbekannt. In dieser Phase wurde Coaching vor allem als Methode für Führungskräfte in der Wirtschaft eingeführt, häufig im Kontext von Unternehmensberatung und Personalentwicklung. Dabei lag der Fokus zunächst auf der Verbesserung von Leistung und Effizienz, insbesondere in Führungspositionen. Die Idee, individuelle Beratung und Unterstützung auf Augenhöhe anzubieten, war revolutionär in einem Umfeld, das oft von hierarchischen Beratungsmodellen geprägt war.
Zu den frühen Wegbereitern zählt Bernd Schmid, der in den 1980er Jahren das Institut für systemische Beratung (isb)gründete. Schmid entwickelte Ansätze, die auf systemischem Denken und einer lösungsorientierten Perspektive basierten. Sein Ansatz war es, das Individuum nicht isoliert zu betrachten, sondern in seinen verschiedenen Rollen und Beziehungen, die es innerhalb eines komplexen Systems wie einem Unternehmen oder einer Organisation einnimmt. Das isb wurde bald zu einer der führenden Ausbildungsstätten für systemisches Coaching und systemische Beratung im deutschsprachigen Raum.
Die 1990er Jahre: Die Systemische Wende
In den 1990er Jahren nahm das Coaching einen entscheidenden Entwicklungssprung. Der Einfluss systemischer Ansätze und Methoden wurde immer größer. Statt individueller Leistungsoptimierung rückte nun zunehmend die ganzheitliche Betrachtung von Personen und deren Wechselwirkung mit ihrem sozialen Umfeld in den Mittelpunkt. Dieser Paradigmenwechsel führte zu einer breiteren Akzeptanz von Coaching in verschiedenen gesellschaftlichen und beruflichen Feldern.
Eine zentrale Figur dieser Entwicklung war Gunther Schmidt, der mit dem von ihm gegründeten Milton-Erickson-Institut Heidelberg (MeiHei) eine Brücke zwischen systemischem Denken und hypnosystemischen Ansätzen schlug. Gunther Schmidt brachte den ericksonianischen Hypnoseansatz in die Coaching-Welt ein und kombinierte ihn mit systemischen Perspektiven. Sein hypnosystemischer Ansatz betont die Selbstwirksamkeit und Ressourcenorientierung des Klienten, wobei er das Unterbewusstsein als Quelle von Lösungen und neuen Perspektiven einbezieht. Der hypnosystemische Coaching-Ansatz, den Schmidt entwickelte, fand vor allem im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung und im therapeutischen Coaching Anwendung und setzte neue Maßstäbe in der Arbeit mit komplexen psychischen und emotionalen Prozessen.
Auch Werner Vogelauer, Mitbegründer des Trigon Entwicklungsberatungs-Instituts, spielte in den 1990er Jahren eine zentrale Rolle in der Verbreitung des systemischen Coachings. Das Trigon-Modell integrierte systemisches Denken, Organisationsentwicklung und individuelle Beratung und setzte damit neue Maßstäbe in der beruflichen Coaching-Ausbildung. Das Trigon-Institut, das sich in Salzburg, Wien und Graz einen Namen machte, bot schon früh systemische Coaching-Ausbildungen an, die insbesondere für Führungskräfte und Unternehmensberater attraktiv waren. Vogelauer legte in seinen Ansätzen besonderen Wert auf die Verbindung zwischen persönlicher Entwicklung und Organisationsberatung, was dazu führte, dass seine Ausbildungsmodule stark praxisorientiert und handlungsrelevant für den Alltag in Organisationen waren.
Die 2000er Jahre: Professionalisierung und Diversifizierung
Mit dem Beginn der 2000er Jahre erlebte das Coaching im deutschsprachigen Raum eine regelrechte Blütezeit. Coaching verbreitete sich nicht mehr nur in der Wirtschaft, sondern fand auch Anwendung in Bereichen wie dem Gesundheitswesen, im Bildungsbereich und sogar in der Politik. In dieser Zeit setzte sich eine verstärkte Professionalisierung des Coachings durch. Zahlreiche Ausbildungsinstitute entstanden, Verbände wie der Deutsche Bundesverband Coaching (DBVC) wurden gegründet, und Qualitätsstandards sowie ethische Richtlinien für die Coaching-Praxis etablierten sich.
Eine bedeutende Entwicklung in den 2000er Jahren war der vermehrte Fokus auf die Selbstregulation und die emotionale Selbststeuerung im Coaching. Hier tat sich besonders Maja Storch hervor, die zusammen mit Frank Krause das Zürcher Ressourcen Modell (ZRM) entwickelte. Das ZRM basiert auf neurowissenschaftlichen Erkenntnissen über die Funktionsweise des Gehirns und betont die Rolle von Emotionen und unbewussten Prozessen in der Zielerreichung. Storchs Ansatz geht davon aus, dass nachhaltige Veränderungen nur dann möglich sind, wenn sowohl der kognitive Verstand als auch emotionale und unbewusste Motive des Klienten berücksichtigt werden. Das Zürcher Ressourcen Modell, das ursprünglich für das Gesundheitscoaching entwickelt wurde, fand schnell Eingang in zahlreiche andere Coaching-Bereiche und machte Maja Storch zu einer Schlüsselfigur in der Coaching-Szene.
Parallel dazu wuchs die Bedeutung von Coaching in der Organisationsentwicklung. Das von weiterentwickelte systemische Coaching fand breite Anwendung in der Unternehmensberatung. Gemeinsam mit allen namhaften Kolleginnen und Kollegen, die im vorliegenden Beitrag erwähnt wurden betonen wir bei Trigon in unseren Weiterbildungsprogrammen die Bedeutung der Reflexion und Selbstwahrnehmung von Coaches sowie die Notwendigkeit einer ethischen und integren Haltung gegenüber den Klienten.
Die 2010er Jahre: Etablierung und Innovation
In den 2010er Jahren wurde Coaching im deutschsprachigen Raum endgültig zu einer anerkannten Profession. Die Ausbildungsmöglichkeiten diversifizierten sich weiter, und Coaching gewann auch in der Gesellschaft insgesamt an Akzeptanz. Coaching wurde zunehmend nicht nur als berufliches Instrument gesehen, sondern auch als Unterstützung in persönlichen Veränderungsprozessen.
In dieser Phase nahm das Syst-Institut unter der Leitung von Matthias Varga von Kibéd und Insa Sparrer eine zentrale Rolle ein. Das Syst-Institut in München spezialisierte sich auf Systemische Strukturaufstellungen (SySt), eine Methode, die in Coaching- und Beratungsprozessen genutzt wird, um komplexe Zusammenhänge durch visuelle und räumliche Darstellung greifbar zu machen. Systemische Strukturaufstellungen basieren auf der Annahme, dass sich Beziehungsstrukturen und Dynamiken in Organisationen und sozialen Systemen durch die räumliche Anordnung von Personen und Symbolen sichtbar und veränderbar machen lassen. Diese Methode fand insbesondere in der Unternehmensberatung und im Coaching von Führungskräften Anklang und stellte eine innovative Erweiterung klassischer systemischer Coaching-Ansätze dar.
Neben dieser methodischen Weiterentwicklung fand auch eine Digitalisierung des Coachings statt. Immer mehr Coaching-Sitzungen wurden online durchgeführt, und es entstanden zahlreiche Plattformen, die Coaching-Services online vermittelten. Dies eröffnete neue Möglichkeiten, insbesondere für Menschen, die außerhalb der großen Ballungszentren leben oder internationale Klienten betreuen.
Zusammenfassung und Ausblick
Von den Anfängen in den 1980er Jahren bis 2018 hat sich Coaching im deutschsprachigen Raum zu einer etablierten und vielfältigen Disziplin entwickelt. Die Pioniere wie Werner Vogelauer, Bernd Schmid, Gunther Schmidt, Maja Storch und das Syst-Institut haben dabei entscheidende Impulse gesetzt, die die Professionalisierung und methodische Diversifizierung des Coachings maßgeblich geprägt haben. Durch ihren Einfluss und die Integration systemischer, hypnosystemischer und neurowissenschaftlicher Ansätze hat sich das Coaching als wertvolles Instrument der Persönlichkeitsentwicklung, der Führungskräfteentwicklung und der Organisationsberatung etabliert.
Mit der zunehmenden Digitalisierung und der wachsenden Bedeutung von Themen wie Resilienz, agilem Arbeiten und Digital Leadership steht Coaching auch in der Zukunft vor spannenden Entwicklungen. Die Nachfrage nach professionellem Coaching wird weiterhin steigen, und es bleibt zu erwarten, dass neue methodische Ansätze und technologische Innovationen die Coaching-Landschaft weiterhin prägen werden.